Was sich Volkswagen gegenüber dem Volke wagt.
Den Kunden stehen Gewährleistungsrechte zu.
(München, 23.September 2015) Bislang spielt sich die Manipulation der Ausstoßwerte jenseits des Atlantiks ab. Auch wenn für die zu erwartenden Strafzahlungen der amerikanischen Behörden Rückstellungen diesseits gebildet werden, kann sich die Manipulation verstärkt in Deutschland bzw. vor deutschen Gerichten niederschlagen.
Den Kunden stehen Gewährleistungsrechte zu, so Rechtsanwalt Dr. Matthias Bender: Sind in dem Verkaufsprospekt bzw. Kaufvertrag Angaben zu den Emissionswerten enthalten und weichen diese von dem Tatsächlichen ab, liegt ein Sachmangel im Sinne des deutschen Kaufrechts vor. Danach ist der Kaufgegenstand fehlerhaft, wenn bei der Aushändigung des Fahrzeuges die wertbildenden Faktoren entweder nicht dem Vertrag oder der vorausgesetzten Verwendung entsprechen. Hierzu gehören auch solche Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen, insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache, erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB). Hat Volkswagen also Angaben in den Werbebroschüren oder gar den Vertragsdokumenten gemacht, die ohne das Einschalten der manipulativen Software nicht zutreffen, ist das ausgelieferte Fahrzeug mangelbehaftet. Der Käufer kann Nacherfüllung verlangen, gegebenenfalls von dem Vertrag zurücktreten und den Kaufvertrag rückabwickeln oder den Kaufpreis mindern bzw. sogar Schadensersatz beanspruchen, so Bender. Theoretisch kann das Volk seinen Wagen wieder zurückgeben. Welche Auswirkungen diese für den Volkswagenkonzern hat, ist gegenwärtig nicht zu beurteilen. Fest steht allerdings, sollte das Thema der Softwaremanipulation auch diesseits des Atlantiks angelangen, sind Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Konzern nicht auszuschließen. Sollte eine Einzelfallprüfung dahingehende Befürchtungen hegen, sind Rücklagen zur Befriedigung bevorstehender Ansprüche auch für Deutschland zu bilden.
Allerdings sind die Auswirkungen des amerikanischen Themas selbst mit der angekündigten Bildung von Rückstellungen in Höhe von über 6 Mrd. Dollar wohl nicht abschließend begrenzt. Nach amerikanischem Recht können dortige Käufer womöglich zugleich Gewährleistungsansprüche geltend machen, wenn fehlerhafte Angaben gemacht worden sind. Die Brisanz dieser Ansprüche resultiert daraus, dass nach anglo-amerikanischem Recht der Schadensersatz nicht auf die tatsächlich erlittenen Vermögenseinbußen zu begrenzen ist, sondern zugleich die Bestrafung und Meidung von Wiederholungen mit ihm verfolgt wird. Demzufolge bemisst sich die Höhe anhand einer Spürbarkeitsschwelle für den Hersteller.
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