„Scheitern ist nicht das Ende, sondern der Anfang!“ – Veranstaltung des Marketing Clubs Köln-Bonn

Bionade-Gründer Peter Kowalsky, Labelinhaber Dirk Middeldorf, Kunstkenner Felix Bischopink und Online-Vermarkter Coskun Tuna erzählten von ihrem persönlichen Hinfallen und Wiederaufstehen.

BildWas haben Bionade-Gründer Peter Kowalsky, Labelinhaber Dirk Middeldorf, Kunstkenner Felix Bischopink und Online-Vermarkter Coskun Tuna gemeinsam? Sie hatten eine gute Idee und scheiterten mit der Umsetzung. Von ihrem persönlichen Hinfallen und Wiederaufstehen erzählten sie am 21. April 2016 anlässlich der vom Marketing Club Köln-Bonn e.V. und dem Gründernetzwerk NUK Neues Unternehmertum Köln e.V. initiierten Abend auf amüsante Art und Weise.

Die Evangelische Philippuskirche in Köln-Raderthal ist voll! Über 320 Anmeldungen zählte der Köln-Bonner Marketing Club bei seiner außergewöhnlichen Veranstaltung in diesem ebenso außergewöhnlichen Rahmen. Es geht um das Scheitern, geschäftlich und persönlich. Ein intimer Einblick in das Denken und Handeln von Selbstständigen, die an diesem Abend sehr offen über ihre Fehler sprachen, aber eben auch über die Chancen, die sich daraus ergeben haben.

„Hallo, mein Name ist Coskun Tuna. Ihr könnt mich Cos nennen. Übrigens, ich nehme es euch nicht übel, wenn ihr an der einen oder anderen Stelle lacht …“ Was folgt, ist ein spannender Bericht eines naiven Gründers, der durch seine Erfahrungen und sein Scheitern zum erfolgreichen Unternehmer wurde und dabei sehr geerdet wirkt. 1999 der erste Versuch – die mitfahrzentrale.de – gegründet mit einem ehemaligen Kollegen und einem Existenzgründerkredit von 100.000 Euro. „Es mangelte uns nicht am Glauben, bereits ab dem ersten Monat viel Geld zu verdienen. So mieteten wir über 280 Quadratmeter und richteten vorsorglich 16 Arbeitsplätze ein“, erinnert sich der ehemalige Polizist. Doch die Werbekunden blieben aus, neue Kredite mussten aufgenommen, neue Geschäftspartner hierfür gewonnen werden. Das Team passte nicht zusammen, der Glaube an das Produkt ging verloren. Zwar warf die mitfahrzentrale.de zunehmend Geld ab, doch Anfang 2010 wurde an die Konkurrenz verkauft. Heute gehört die Plattform zur französischen Online-Mitfahrzentrale Blabla Car, die damit Europas größte Mitfahrzentrale wurde – bei einer Bewertung von 1,2 Milliarden Dollar. Coskun Tuna ist trotzdem glücklich und inzwischen mit einer anderen Idee erfolgreich, der Seeding Alliance GmbH.

Bis in die Insolvenz ging es für Dirk Middeldorf mit seiner Geschäftsidee. Rein zufällig hatte der ursprünglich in der Internetbranche tätige Kölner zunächst Erfolg mit einer Partyreihe, die durch sein aus Spaß gegründetes Plattenlabel 200 Records promotet wurde. Logische Konsequenz: der Schritt in die Selbstständigkeit. Doch Middeldorf wollte mehr, war begeistert von einer Idee, die ihn schon seit Jahren umtrieb – ein tolles Bistro mit guten Produkten. Nun vermischte er diesen Einfall mit seinem Szene-Wissen: „Wir wollten die Zielgruppe von Leuten, die gern zu elektronischer Musik ausgehen, und Leuten, die gerne essen, zusammenbringen und so die Zielgruppe verdoppeln“, erinnert sich der Szene-DJ und resümiert: „Dass wir sie in Wirklichkeit halbiert haben, hätte uns da schon dämmern müssen.“ Falsche Standortwahl, hohe Fixkosten, utopische Umsatzvorstellungen – fünf Monate konnte Middeldorf das Bistro halten, dann ging nichts mehr. Doch er bleibt positiv, denn die gemachten Erfahrungen möchte er nicht missen, die aufgebauten Kontakte nutzen ihm noch heute und „schön war die Zeit auch!“

Schön fand auch Peter Kowalsky die Zeit des Durchbruchs mit dem Familienprodukt Bionade! Pötzlich – Mitte der 2000er – war die Bio-Limonade Szenegetränk und hipper Geheimtipp. „Wir hatten schon 1985 die Idee, doch es bedurfte 10 Jahre Forschung und einer Million Schulden bis wir den Brauprozess bewerkstelligen und 1996 an den Markt gehen konnten, zunächst ohne Erfolg“, erzählt der studierte Brauingenieur. Denn niemand verstand das Konzept der gesunden Kinderlimo. Der Aufstieg zum In-Getränk kam daher überraschend: „Plötzlich bekamen wir viel Anerkennung, haben aber auch früh die Kontrolle verloren, da wir immer der Verschuldung hinterhergelaufen sind“, stellt Peter Kowalsky klar. Mit der Übernahme großer Anteile durch die Dr. Oetker GmbH verlor das Bio-Getränk laut dem Bionade-Erfinder seinen Charme und wurde zum Mainstream. Der Grundgedanke einer innovativen Marke für Ernährungsbewusste ging verloren, Kowalsky verkaufte ganz. Doch sein Scheitern nutzte der Unternehmer konstruktiv. Statt Zusammenbruch folgte ein Aufbruch. Heute vertreibt er einen neuen Geheimtipp: das Energie-Getränk Inju.

Exklusive Kunst zur Miete als Alternative zum günstigen IKEA-Bilddruck anzubieten, war die Schlüsselidee von Felix Bischopink. „Ein Onlineshop zur Kunstmiete, sozusagen das Airbnb für Original-Kunst – damit konnte doch ungenutztes Kapital von Millionen Werken in Ateliers monetarisiert werden“, erläutert der Unternehmensberater das Konzept seines Start-ups Artcube. Investoren waren schnell gefunden, Künstler und Interessenverbände begeistert, doch Mietwillige blieben letztendlich aus. Bischopink und seine Partner verstrickten sich in Prozessen und verloren den eigentlichen Kunden aus den Augen. Heute arbeitet der Kunstliebhaber wieder als Unternehmensberater, hat seine Anteile an Artcube abgegeben: „Dennoch kann ich einen solchen Schritt nur empfehlen. Ich habe viel unternehmerisches Wissen aufgebaut und bin realistischer geworden, dies macht mich im Endeffekt gelassener und zufriedener. Ich schaue gerne zurück. Aber noch lieber schaue ich seitdem voraus.“

„Je heiterer du scheiterst, umso besser hast du deinen Job gemacht“, sagt Eva Thiel vom Kölner Improvisationstheater clamotta. Dies gilt zumindest für Impro-Spieler, denn genau für die gelassene Art, auch unter Druck positiv zu bleiben, werden sie vom Publikum geliebt. Wie das funktioniert, zeigt die Leiterin der Kölner ImproSchule mit ein paar wesentlichen Regeln, die sich auch auf andere Situationen übertragen lassen.

Scheitern ist heutzutage kein Makel mehr und kann, wie die Referenten eindrucksvoll zeigten, durchaus bereichernd und spannend sein. „Es ist schön, dass eine solche Veranstaltung mittlerweile möglich ist und es Redner gibt, die über ihr Scheitern sprechen. Es sind nicht nur die Erfolgsgeschichten, aus denen wir im Marketing lernen. Deshalb haben wir diesen Abend veranstaltet“, so Holger Geißler, Vorstand Programm im Marketing Club Köln-Bonn. Wie im Marketing-Club üblich, wurde im Anschluss noch in persönlichen Gesprächen über eigene Erfahrungen diskutiert und sich ausgetauscht. Denn letztendlich geht es beim Netzwerk auch um gegenseitige Unterstützung. So bringt es Peter Kowalsky am Ende auf den Punkt: „Menschen können mehr, als sie sich vorstellen. Es fehlt nur oft an denjenigen, die sie ermutigen!“

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