Beitragsforderungen der Krankenkassen für ARRCO- und AGIRC-Renten aus Frankreich waren unrechtmäßig
Beiträge zurück bis 2011 müssen gesetzliche Kassen deswegen Ihren Mitgliedern erstatten, weil französische Zusatzrentensysteme endlich als gesetzliche Rentensysteme beurteilt werden.
Das ergibt sich aus einem Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes als Anweisung an alle gesetzlichen Krankenkassen. Vorausgegangen waren jahrelange sozialgerichtliche Streitigkeiten und letztlich die Rücknahme einer von der Barmer-GEK betriebenen Revision, dies allerdings erst nach ungewöhnlich-deutlichem Hinweis des Bundessozialgerichts. In der Vergangenheit hatten die gesetzlichen Kassen „großzügig“ Zweit- oder Drittrenten aus Frankreich als Versorgungsbezüge statt als gesetzliche Renten angesehen und deswegen einen nahezu doppelten Beitrag angefordert – teils verschleiert und für das Kassenmitglied noch nicht einmal erkennbar. Reichlich spät nun die Erkenntnis, dass dies unrechtmäßig geschah und seit dem 1.7.2011 Beiträge falsch erhoben wurden.
Etwa fünfzigtausend Personen erhalten aus Frankreich neben den Leistungen aus dem Allgemeinen System der Sozialversicherung (régime général) weitere gesetzliche Renten von AGIRC ARRCO (régimes de retraite complémentaire cadres et non cadres), den obligatorischen Zusatzkassen der Arbeitnehmer und Führungskräfte. Art, Herkunft und Höhe des Einkommens haben in der privaten Krankenversicherung keinen Einfluss auf die Prämienberechnung. Bei gesetzlichen Kassen jedoch gehören Renten und Versorgungsbezüge zu den beitragspflichtigen Einnahmen, auch wenn sie aus dem Ausland bezogen werden.
Beispiel aus der Praxis: Armin C., bei der TK krankenversichert, hat in den Jahren 2011 bis 2015 insgesamt 34.265 EUR von AGIRC ARRCO erhalten. Seine Kasse hat dem Grunde nach zu Recht dafür einen Beitrag gefordert und bei ihm abgebucht, jedoch überhöht 15,5 % statt nur 8,2 %. C. beansprucht rund 2.500 Euro als Beitragserstattung von der TK, zuzüglich Zinsen. Der Beitragssatz ab 2016 beträgt 8,3 %.
Die Empfehlung des Spitzenverbandes an die Krankenkassen, zu Unrecht entgegen genommene Beiträge nur „auf Antrag“ sowie „in der Regel erst ab 2012“ zu erstatten, ist absolut unverständlich. Denn § 26 Abs. 2 SGB IV schreibt die Erstattungspflicht von Amtswegen vor (= sind zu erstatten) und verlangt somit gerade nicht einen ausdrücklichen Erstattungsantrag des Versicherten. Die Kassen können „schlicht“ entscheiden, müssen aber stets einen förmlichen Bescheid erteilen, wenn sie die Erstattung gar nicht, unvollständig oder ohne Zinsen vornehmen. Eventuell sollte sachkundige Hilfe durch Rentenberater in Anspruch genommen werden.
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Anmerkung / Grundlagen:
12. Senat des BSG im Rechtsstreit B 12 KR 3/14 gemäß Terminbericht 57/15; am 16.12.2015 rechtskräftig gewordenes Urteil des LSG Baden-Württemberg L 11 KR 3125/13 vom 21.1.2014; „Rente oder Versorgungsbezug – das ist hier die Frage“ von Walter Vogts in rv 6/2014 S. 110-113; Rundschreiben GKV-Spitzenverband RS 2016/137 vom 21.3.2016 „Beitragsrechtliche Beurteilung von Leistungen der französischen Zusatzrentensysteme AGIRC und ARRCO“; § 247 Satz 2 SGB V bestimmt für die Bemessung der Beiträge aus ausländischen Renten die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes – das bedeutet seit dem 1.1.2016 = 7,3 % zuzüglich kassenindividueller Zusatzbeitrag.
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